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Auf dem Weg zu einem digitaleren Europa

Das digitale Finanzpaket

Die Europäische Kommission weist mit der Verabschiedung des Digital Finance Package am 24. September 2020 darauf hin, dass die digitalen Technologien einen Schlüssel zur Wiederbelebung und Modernisierung der europäischen Wirtschaft darstellen und den Weg zu einem globalen digitalen Akteur ebnen.

Das Paket umfasst:

(i) eine Mitteilung über eine digitale Finanzstrategie (die „Digitale Finanzstrategie“);


(ii) eine Mitteilung über eine Strategie für den Massenzahlungsverkehr (die „Strategie für den Massenzahlungsverkehr“);

(iii) einen Verordnungsvorschlag zur digitalen operationellen Belastbarkeit des Finanzsektors (der “ Gesetzesvorschlag zur digitalen operationellen Belastbarkeit“); und

(iv) Vorschläge für Verordnungen über Märkte für Krypto-Assets und für eine Testregelung für Marktinfrastrukturen auf der Grundlage der Distributed-Ledger-Technologie (die „Legislativvorschläge zu Krypto-Assets“); beide Vorschläge (d.h. (iii) und (iv) oben) sollen vom EU-Parlament und vom Rat vorgelegt werden.

Von den oben genannten Maßnahmen werden die beiden Vorschläge zur digitalen Betriebsfestigkeit und zu Krypto-Assets unmittelbare Auswirkungen auf den Rechtsrahmen jedes EU-Mitgliedstaates haben, da sie, sobald sie in ihrer endgültigen Fassung vorliegen, in der gesamten Union direkt anwendbar sein werden.

1.1 Digitale Finanzstrategie

Die digitale Finanzstrategie legt einige Prioritäten fest, um zentralisierte Aktionen zur Förderung der digitalen Transformation der EU bis zum Jahr 2024 zu leiten. Gemäß der Kommission müssen sowohl die Verbraucher als auch die Unternehmen in der EU Hindernisse aus dem Weg räumen, um die Chancen der innovativen Technologien zu nutzen, damit die Kunden Zugang zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen erhalten und die Unternehmen ihre digitalen Operationen ausweiten und wachsen können.

Allerdings bedeutet mit dem digitalen Zeitalter Schritt zu halten auch, den EU-Rechtsrahmen technologieneutraler und innovationsfreundlicher zu gestalten ebenso wie die digitale Transformation proaktiv anzugehen und gleichzeitig alle potenziellen Risiken zu mindern, die sich aus dem Eintritt der „Big Techs“ in das finanzielle Ökosystem ergeben. Derartige Risiken betreffen nicht nur die Kunden (z.B. Versicherungsnehmer, Investoren und Einleger), sondern betreffen auch die allgemeine Finanzstabilität und den Wettbewerb auf den Finanzdienstleistungsmärkten.


Die Europäische Kommission reagiert auf die oben genannten Risiken, indem sie, wo nötig, die bestehenden Verhaltens- und aufsichtsrechtlichen EU-Rechtsrahmen anpasst, um weiterhin die Finanzstabilität zu sichern und die Kunden nach dem Grundsatz „gleiche Tätigkeit, gleiches Risiko, gleiche Regeln“ zu schützen. Die Kommission selbst wird in diesem Prozess auch mit der Europäischen Zentralbank (der „EZB“), den nationalen Zentralbanken und den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.

1.2 Die Strategie für den Massenzahlungsverkehr

Die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen wird durch digitale Innovationen radikal umgestaltet. Andererseits hat die Covid-19-Pandemie die Umstellung auf digitale Zahlungen weiter verstärkt und gleichzeitig die Bedeutung sicherer Zahlungen für Ferntransaktionen bestätigt.

Nichtsdestotrotz ist Bargeld in der EU nach wie vor das Mittel, das für die Mehrheit der Massenzahlungen verwendet wird. Aus diesem Grund konzentriert sich die Kommission auf die Notwendigkeit, digitale und sofortige Zahlungslösungen mit europaweiter Reichweite zu fördern und innovative und wettbewerbsfähige Märkte für Massenzahlungen sowie effiziente und interoperable Massenzahlungssysteme zu schaffen.

Obwohl die Richtlinie über Zahlungsdienste (d.h. die Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt; „PSD2“) noch nicht vollständig durchgesetzt ist, glaubt die Kommission fest an das Potenzial des offenen Bankwesens. Zu diesem Zweck leitet sie bis Ende 2021 eine umfassende Überprüfung der PSD2 ein und legt bis Mitte 2022 einen Legislativvorschlag für einen neuen „Offenen Finanzrahmen“ vor.

1.3 Legislativvorschlag zur digitalen Betriebsfestigkeit

Die Abhängigkeit des Finanzdienstleistungssektors von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), die durch die Covid-19-Pandemie beschleunigt wurde, ruft aufgrund mehrerer digitaler Bedrohungen einige Bedenken hervor. Die Kommission weist darauf hin, dass die Unternehmen in der Lage sein müssen, potenziellen IKT-Störungen standzuhalten, damit digitale Vorfälle und Cyber-Bedrohungen richtig angegangen werden und die Dienste stets aktiv bleiben.

Grundlegendes Ziel ist daher die Stärkung der digitalen operativen Belastbarkeit des EU-Finanzsektors durch die Straffung der bestehenden EU-Finanzgesetzgebung sowie durch die Einführung neuer Anforderungen, wo Lücken bestehen. Zu diesem Zweck würde ein Gesetz zur digitalen operationellen Belastbarkeit von Finanzdienstleistungen einen umfassenden Rahmen auf EU-Ebene einführen, der Regeln für alle regulierten Finanzinstitute festlegt, um ein sicheres Finanzsystem in diesen Sektoren zu gewährleisten und so eine Domino-Reaktion zu vermeiden.

1.4 Legislativvorschläge zu Krypto-Assets

Ziel der Kommission ist es, die Grundlage für die Entwicklung eines EU-Marktes für Krypto-Assets zu schaffen, um so die erste große Rechtsprechung zu werden, die diesen Markt reguliert. Sie verfolgt insofern einen „Light-Ansatz“, als sie bereits im traditionellen Finanzdienstleistungssektor geltende Anforderungen anwendet (wie z.B. die vorherige Genehmigung sowie die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Informationsdokuments (als „Weißbuch“ bezeichnet) vor dem öffentlichen Angebot von Krypto-Assets).

Insbesondere der Vorschlag zu den Märkten für Krypto-Assets (MICA) betrifft diejenigen, die nicht in den Anwendungsbereich der EU-Finanzdienstleistungsgesetzgebung fallen (d.h. Richtlinie 2014/65/EU („MIFID II“) und E-Geld-Richtlinie („EMD 2“)) und zielt darauf ab, regulatorische Arbitrage zu vermeiden und gleichzeitig einen angemessenen Schutz der Kunden zu gewährleisten.

Damit würde die Grundlage für die Entwicklung eines größeren grenzüberschreitenden Marktes für Krypto-Asset-Emittenten und -Dienstleister gelegt, wodurch die Vorteile des EU-Binnenmarktes voll ausgeschöpft und die Komplexität sowie die finanziellen und administrativen Belastungen für alle Beteiligten erheblich verringert würden.

Ferner könnte eine Harmonisierung der betrieblichen Anforderungen an Anbieter von Krypto-Asset-Diensten und der Offenlegungsanforderungen für Emittenten auch klare Vorteile in Bezug auf Anlegerschutz, Marktintegrität und finanzielle Stabilität bringen.

Im Gegensatz dazu erstreckt sich der Vorschlag für eine Pilotregelung für Marktinfrastrukturen auf der Grundlage der Distributed-Ledger-Technologie („DLT“) auf Krypto-Vermögenswerte, die als Finanzinstrumente unter MIFID II eingestuft werden können, und soll den Mangel an Rechtssicherheit hinsichtlich der Anwendung der bestehenden EU-Finanzvorschriften (d.h. MIFID II und EMC 2) beseitigen. Auf diese Weise würde man den Risiken entgegenwirken, die durch die Verbreitung von Leitlinien und Auslegungen auf nationaler Ebene entstehen, die zu einer Fragmentierung des EU-Binnenmarktes und zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Binnenmarktes führen. Gemäß dem oben genannten Vorschlag würden solche Krypto-Assets einem Pilotregime (einer Art „Sandbox“-Ansatz) unterworfen, welches eine vorübergehende Ausnahme von den bestehenden Regeln erlaubt, um einerseits den Regulierungsbehörden die Möglichkeit zu geben, Erfahrungen mit dem Einsatz von DLTs in Marktinfrastrukturen zu sammeln, und andererseits den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, mehr darüber zu erfahren, wie die bestehenden Regeln in der Praxis funktionieren.

Schlussbemerkungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Paket eindeutig darauf abzielt, die digitale Souveränität der EU zu stärken und gleichzeitig Europa auf globaler Ebene wettbewerbsfähiger zu machen. Dieses Ziel scheint auch durch den jüngsten „Bericht über einen digitalen Euro“ der EZB vom 2. Oktober 2020 bestätigt zu werden, der die Schaffung einer digitalen Euro-Währung neben Bargeld fördert.


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